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"Nathan der Weise" - zwischen Religionskrieg und deutscher Literatur

Regelmäßige Theaterbesuche sind an unserer Schule ein wichtiger Bestandteil, um die Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme am kulturellen Leben anzuregen. Aus diesem Grund traf sich der gesamte 10. Jahrgang am Freitagabend, den 9. Februar 2018, in Begleitung der Deutschlehrkräfte vor dem Stadttheater in Wilhelmshaven. Gespielt wurde das Stück „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing.

Das Drama spielt in der Zeit der Kreuzzüge und ist der Epoche der Aufklärung zuzuordnen. In diesem Zeitalter wurde Kritik an der Kirche ausgeübt und in Frage gestellt, ob das Christentum die einzig wahre Religion sei. Dies spiegelt sich in dem Stück wider, in dem es ebenfalls um die Frage der wahren Religion und der Toleranz gegenüber anderen Religionen geht.

Der Protagonist Nathan ist ein reicher Jude aus Jerusalem, welcher vom Sultan Saladin gefragt wird, welche der drei monotheistischen Weltreligionen (Christentum, Judentum und Islam) die wahre sei. Darauf antwortet Nathan ihm mit einer Geschichte, die auch als „Ringparabel“ bezeichnet wird. Sie besagt, dass ein Mann im Nahen Osten einen Ring von unschätzbarem Wert besitzt. Dieser Ring hat die magische Eigenschaft, seinen Besitzer und Träger vor den Menschen und vor Gott angenehm zu machen. Der Mann lässt für seine drei Söhne Duplikate anfertigen, sodass jeder einen Ring besitzt, die stellvertretend für die drei monotheistischen Religionen stehen. Nachdem der Vater stirbt und die drei Söhne jeweils einen Ring erben, streiten sie sich, weil jeder von ihnen behauptet, den echten Ring zu besitzen. So fragen sie einen Richter, der ihnen dies jedoch auch nicht beantworten kann, ihnen aber einen Rat gibt: „Es eifre jeder seiner unbestochnen von Vorurteilen freien Liebe nach!“ Damit meint er, dass jeder der Söhne die Möglichkeit hat, die Kraft seines Ringes zu entfalten, wenn sie in guter Absicht handeln und ihre Religion mit Zuversicht ausüben. Für den Vater sind alle drei Söhne gleich viel wert, weshalb für ihn auch alle Religionen von gleicher Bedeutung sind und die Frage, welcher Ring der echte ist, an Bedeutung verliert. Die Menschen sollen aktiv im guten Verhalten und tolerant gegenüber anderen Religionen sein, um humanistischer zu handeln und die Nächstenliebe mehr zu würdigen und zu leben.

Das Stück besitzt viele moderne Elemente, wie beispielsweise die Musik und das Bühnenbild. Besonders beeindruckend war das chorische Sprechen des Ensembles, das nicht nur die verschiedenen Aufzüge, sondern auch die Ringparabel ankündigte. Vor ausverkauftem Haus boten die Schauspielerinnen und Schauspieler des Stadttheaters überzeugende Leistungen, die schließlich mit einem langen Applaus honoriert worden sind.